Mit den ersten Sonnenstrahlen krabbeln wir aus unserem Dachzelt. Auf den heutigen Ausflug freue ich mich schon seit Monaten! Dead Tree Island steht auf unserem Plan. Die Insel der toten Bäume ist meistens kaum zugänglich. Die Arme des Okavangos schließen diese kleine Insel meistens fest ein. Zu tief und gefährlich sind die Wasserdurchquerungen. Um so größer ist unsere Freude, dass die Zugänge zur Insel zurzeit trocken sind. Dies liegt am Niedrigwasser. Die Flut wird erst in 1–2 Monaten erwartet.

Gespannt was uns erwartet, brechen wir nach einem guten Frühstück auf. Als wir den ersten trockenen Flussarm durchqueren können wir uns vorstellen, warum die Zufahrt meistens schon an diesem Punkt scheitert: Der Untergrund ist extrem tiefsandig und die Tiefe des Flussbettes übersteigt die Höhe unseres Autos.

Die Wege sind sehr gut befahrbar, viel besser, als wir dachten. Wir sind vielleicht eine Stunde unterwegs, als wir Dead Tree Island erreichen. Bis auf ein Wasserloch inmitten der Insel ist alles trocken. Normalerweise stehen auch große Flächen der Insel unter Wasser. Eine bizarre Landschaft eröffnet sich uns. Viele tote Bäume in einer sehr kontrastreich Landschaft. Es ist wunderschön. Sehr viele Seeadler fliegen durch die Lüfte und Impalas springen umher.

Nach einer ausgiebigen Besichtigung der Insel geht es zurück zum Camp. Es ist kurz vor Mittag und bis heute Nachmittag haben wir nichts weiter geplant. So nutzen wir die Zeit, um frisches Brot zu backen. Als ich gerade den Teig fertig habe, berichtet mir Marco von einer merkwürdigen Beobachtung: Er hat mehrere Male eine mittelgroße Schlange beobachtet, die sich vom Schilf in Richtung unseres Autos bewegt. Durch Marcos Bewegungen hatte sie sich anscheinend immer gestört gefühlt und sich wieder ins Schilf zurückgezogen. Wir gehen auf die andere Seite unseres Autos und erblicken sofort die Schlange. Sie ist schon fast an unserem Auto. Mit einem gebogenen Zeltstab, der einem Schlangenhaken gleicht, bekommt Marco die Schlange im vorderen Drittel ihres Körpers am Boden fixiert. In diesem Moment richtet sich die Schlange auf und drückt ihren Hals platt. Marco hat eine Cobra gefangen! Fasziniert und geschockt zugleich laufe ich um das Auto herum, um meine Kamera zu holen. In diesem Moment entwischt die Schlange. Wir können nur noch beobachten, wie sie über die Felge des rechten Vorderrades in Richtung Motorraum verschwindet. Verdutzt gucken wir uns an. Wie bekommen wir die Schlage aus unserem Auto? Marco startet den Motor, während ich vor dem Auto hocke um zu sehen, ob das Tier vom Auto ablässt. Nichts. Ein Aufheulen des Motors und vorsichtiges vor und zurückfahren bringt auch nicht das gewünschte Ergebnis. Was tun wir jetzt? Das Verhalten der Schlange ist sehr ungewöhnlich. Normalerweise suchen sie nicht die Nähe des Menschen, und sowohl laute Geräusche als auch Vibrationen mögen sie gar nicht. Wir beschließen, vorsichtig die Motorhaube zu öffnen. Vielleicht können wir sie entdecken. Allein das Öffnen der Motorhaube lässt unseren Adrenalinspiegel merklich in die Höhe schnellen. Was erwartet uns? Die Antwort ist leicht und beunruhigend zugleich: nichts. Wir können die Schlange nicht entdecken. So brechen wir die Suche nach über einer Stunde ab. Solange sie außerhalb des Autos bleibt, wird uns schon nichts passieren – hoffentlich!

Ein paar Stunden nach der Schlangenjagd – das Brot ist auch noch fertig geworden – fahren wir am Spätnachmittag zum Bootsanleger. Wir haben eine Sonnenuntergangfahrt gebucht. Mit einem etwas flauen Gefühl im Magen und prüfenden Blicken in den Fußraum fahren wir schließlich los. Nach wenigen Minuten sind wir da. Ein kurzer Check-In, dann kann es losgehen. Die Kanäle sind hier sehr viel breiter als in Third Bridge, wo wir im letzten Jahr eine Bootstour unternommen hatten. Es ist sehr beeindruckend, wie verschieden das Flussgebiet sich zeigt, liegen doch nur etwa 40 km dazwischen.

Es sind inzwischen Wolken aufgezogen und der Wind weht kräftig. Plötzlich sehen wir, wie etwa 50 Meter von unserem Boot entfernt zwei Nilpferde auftauchen. Unser Kapitän stoppt den Motor. Die beiden scheinen von unserer Gegenwart nicht gerade begeistert zu sein. Eines erhebt seinem ganzen Kopf aus dem Wasser und sperrt sein großes Maul auf. Aus sicherer Entfernung beobachten wir das beeindruckende Schauspiel. Einfach nur fantastisch!

Die Sonne sucht langsam den Weg zum Horizont. Es wird Zeit einen schönen Platz für den Sonnenuntergang zu suchen. Geschickt lenkt unser Kapitän das Boot durchs Wasser und „parkt" im Schilf. Wir erleben einen der schönsten Sonnenuntergänge, die man sich vorstellen kann.

Zurück im Camp stoßen wir mit einem kühlen Bier auf einen sehr schönen Tag an. Beim Abendessen – es gibt Nudeln mit Käsesauce – lassen wir die Ereignisse noch einmal Revue passieren, bevor wir müde in unser Dachzelt krabbeln.

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