Rooiputs

Der Wecker klingelt um 4.30 Uhr. Müde reiben wir uns die Augen. Es ist noch stockfinster. Vorsichtig leuchten wir mit den Stirnlampen den Bereich um unser Auto ab. Kein  Raubtier ist in Sichtweite. In einer Stunde dürfen wir unseren Platz verlassen und uns auf Morgenpirsch begeben. Der Kaffee ist schnell gekocht, das ausgiebige Frühstück wird auf später verschoben. Bei dem ersten heißen Schluck hören wir das Gebrüll mehrerer Löwen. Das hört sich verdammt nah an! Obwohl die Dämmerung langsam eingesetzt hat, ist es immer noch sehr dunkel. Nichts ist zu sehen. Nachdem wir den Kaffee ausgetrunken haben, klettert Marco auf das Auto, um das Zelt einzuklappen. Während ich ihm von unten aus helfe, sehe ich zwei Gestalten im Halbdunkeln auf uns zukommen. Ich leuchte mit  meiner Stirnlampe in die Richtung. Mir stockt der Atem. Etwa 50 Meter von uns entfernt sind zwei Löwen. Ein prächtiger Kerl bleibt stehen, schaut direkt zu uns herüber, während die Löwin weiter geht. Was haben sie vor? Die Löwin passiert uns,  der andere verharrt in seiner Position. Wie angewurzelt bleibe ich neben unserem Auto stehen, Marco ist immer noch auf dem Dach. Nach einer gefühlten Ewigkeit geht der Löwe weiter. Wir atmen beide auf. Während wir unser Zelt weiter abbauen, passiert uns noch eine Löwin im gleichen Abstand. So etwas haben wir beide noch nicht erlebt!

Pünktlich um 5.30 Uhr verlassen wir unser Camp. Langsam wird es hell. Vielleicht sind die Löwen zu dem Wasserloch unterwegs, welches vor unserem Camp liegt. Dort angekommen herrscht aber gähnende Leere. Ein kurzes Stück weiter, steht ein prächtiger Löwe auf der Spitze einer Düne. Einige Sekunden später ist er spurlos verschwunden.

Es geht weiter nach Kij-Kij. Vielleicht sehen wir das Rudel von gestern wieder. Aber auch hier gähnende Leere. Wir beschließen zum nächstgelegenen Wasserloch Melkvlei zu fahren. Auf dem Weg dorthin sehen wir in der Ferne eine Löwin durch die Dünen laufen, die kurze Zeit später hinter einem Kamm verschwindet. In Melkvlei angekommen, kommen uns auf der Straße zwei Löwen entgegen, eine Löwin und ein junger männlicher Löwe. Sie gehen an das Wasserloch, verharren dort kurz und legen sich ein kurzes Stück weiter auf einen Dünenkamm, mit Blick auf den direkt neben dem Wasserloch liegenden Picknickplatz. Dort angekommen, machen wir einen kurzen Kaffeestopp. Wir entdecken neben Löwenspuren auch Gepardenspuren.

Von hier aus geht es zurück nach Kij-Kij. Dort ist immer noch nichts los. Für unser ausgiebiges Frühstück haben wir uns den Picknickplatz Auchterlonie ausgesucht. Die Querverbindung von Kij-Kij nach Auchterlonie haben wir noch nicht befahren. Vielleicht entdecken wir dort etwas. Alles in allem ist diese Strecke nicht gerade gut zu befahren und wir sehen auf dem gesamten Weg – 35 km – nur eine einsame Oryx.

Gegen 8.30 Uhr sind wir da. Ich bereite das Frühstück vor, währen Marco sich frisch macht. Leider ist das Brot, was wir in Keetmanshoop gekauft haben, total verschimmelt! Das ging echt flott! Somit fällt unser Frühstück ins Wasser.

Der Weg zurück nach Roiiputs führt uns zunächst nach Tween Rivieren. Dort ist eine Tankstelle, bei der wir unseren Landcruiser wieder volltanken können. Kurz hinter Tween Rivieren entdecke ich zwei junge männliche Löwen hinter einem dichten Strauch direkt an der Straße liegen. Somit sind wir heute um kurz vor 11 Uhr schon bei 9 Löwen!

Da es uns Kij-Kij angetan hat, fahren wir an Roiiputs vorbei und schauen dort noch einmal nach dem rechten. Leider keine Löwen. Dafür aber zwei sich streitenden Strauße. Toll, wie sie ihre Flügel aufstellen und mit ihren Brüsten gegeneinander stoßen. In einem Baum entdecken wir einen riesigen Uhu. Was für ein Vormittag.

Es ist 12 Uhr, als wir im Camp eintreffen. Marco bereitet den Grill vor, während ich den Brotteig zubereite, schließlich brauchen wir dringend Nachschub. Als Vorspeise gibt es heute Mittag Nudelsuppe, im Anschluss gegrilltes Rinderfilet. Als das Filet fertig ist, findet der Feuertopf mit dem Brotteig seinen Platz auf den Kohlen.

Nach dem ausgiebigen Mittagessen wird geduscht. Den restlichen Nachmittag bis 17.30 Uhr lassen wir gemütlich angehen.

Der erste Weg führt uns wieder nach Kij-Kij. Wir verharren dort eine ganze Weile. Leider lässt sich keine Katze blicken, also fahren wir weiter in Richtung Melkvlei. Gegen 18.15 kommt uns am Straßenrand eine weibliche Löwin entgegen. In aller Ruhe läuft sie in Richtung Kij-Kij und lässt sich von unserer Anwesenheit in keiner Weise stören. Nach etlichen Metern legt sie sich neben einen Baumstumpf. Immer wieder streckt sie ihre Nase in den Wind und nimmt irgendeine Witterung auf. Schließlich geht sie hinter dem Baumstumpf in Deckung, macht sich ganz flach und verzieht keine Miene. Noch nicht einmal ein Blinzeln ist zu vernehmen. Der Gesichtsausdruck ist hoch konzentriert, die Blicke sehr bedrohlich. Dann entdecken wir das Objekt der Begierde. Eine Gnuherde kommt aus Richtung Kij-Kij auf der anderen Straßenseite gelaufen. Sehen wir vielleicht jetzt einen Kill? Gespannt beobachten wir die Situation. Der ganze Körper der Löwin ist angespannt. Löwen jagen normalerweise im Rudel. Wird sie sich doch alleine an diese Herde dran wagen? Die gesamte Herde zieht vorüber. Einmal ist sie kurz davor, los zu schießen. Doch es passiert nichts. Als die Gnus vorbei gezogen sind, entspannt sie sich und genießt die Abendsonne. Auch wenn es nicht zu einem Angriff gekommen ist, war es sehr interessant, dieses Verhalten zu beobachten. Leider ist es schon spät geworden. Wir brauchen gute 30 Minuten zurück zum Camp. Marco startet den Wagen, gegen 19.20 Uhr kommen wir an.

Als wir aussteigen, hat der Wind merklich aufgefrischt. Mit dem letzten Tageslicht schlagen wir das Zelt auf. Es wird immer windiger. Ein Lagerfeuer werden wir bestimmt nicht ans brennen bekommen. Also setzen wir uns auf die Windgeschützte Seite des Autos und stoßen mit einem kühlen Windhoek Lager auf einen tollen Tag an. Langsam ist es so dunkel, dass wir die Milchstraße sehen können. Ich bin gerade am überlegen, wo ich für ein schönes Foto am besten meine Kamera positioniert bekomme, als es heftig zu stürmen beginnt. Der Sand peitscht über die Fläche und verpasst uns ein unangenehmes Peeling. Vielleicht ist es nur eine kurze Böe. Doch dem ist leider nicht so, ganz im Gegenteil, es wird immer schlimmer. Es wird so ungemütlich, dass wir gegen 20.30 Uhr ins Zelt flüchten. Selbst die Leiter wurde schon in Richtung Auto verschoben. Wir positionieren sie neu und krabbeln schnell ins Zelt.

Die Nacht ist extrem stürmisch und kalt. Der Sturm lässt unser Zelt erbeben und die Planen werden in die unterschiedlichsten Richtungen gerissen. Hoffentlich zerfetzt der Sturm nicht unser Zelt. Mehrfach wird der vordere Zeltboden durch den Sturm angehoben. Nur langsam finden wir den Schlaf, dick in unsere Mumienschlafsäcken eingepackt. Der kalte Wind peitscht durchs Zelt, eine so schlimme Nacht hatten wir bislang noch in keinem Dachzelt.

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