Sesriem

Um 4 Uhr klingelt  der Wecker. Noch etwas müde klettern wir aus dem Zelt. Wir räumen alles zusammen und schlagen das Lager ab. Um 4.45 Uhr stehen wir vor dem Gate, welches um 5.15 Uhr geöffnet werden soll. Ein etwas verschlafener Mensch kommt aus dem Häuschen, das zum Tor gehört. Er guckt kurz auf die Uhr und verschwindet wieder in deren Inneren. Bislang sind wir alleine auf weiter Flur. Das ändert sich aber um kurz nach 5 Uhr sehr schnell. Etliche Autos sammeln sich hinter unserem. Gespannt beobachten wir auf die Uhr. Das wird bestimmt ein großer Ran werden. Als die Uhr 5.15 Uhr anzeigt, passiert nichts. Um 5.17 Uhr will Marco aus dem Auto hüpfen und nachfragen, warum das Tor nicht geöffnet wird. Ich halte ihn zurück. Zu oft haben wir es erlebt, dass ungeduldige Touristen dann extra lang warten müssen. Als um 5.20 Uhr das Gate immer noch nicht offen ist, rückt unser Ziel, bei Sonnenaufgang auf der Düne 45 zu sein, in weite Ferne. Schließlich springt Marco aus dem Landcruiser und ruft nach dem Angestellten. Nichts passiert. Dann betritt er das Hüttchen. Der „Torwächter“ sitzt auf einem Stuhl und ist friedlich am Schlafen. Das gibt es doch nicht! Marco weckt ihn vorsichtig. Fragend und sehr verschlafen guckt er ihn an. Marco tippt auf seine Uhr. Ein leises „Sorry“ ist zu vernehmen, dann bewegt er sich im gefühlten Zeitlupentempo zum Gate. Als er endlich das Vorhängeschloss geöffnet hat und das Tor öffnet, können wir starten. Die Zeit drängt, schließlich ist der Sonnenaufgang um 6.10 Uhr! Mit uns strömen zahlreiche Autos in das Naturschutzgebiet. Mit 10 km/h über den erlaubten 60 km/h steuert Marco das Auto durch die Dunkelheit. Nachdem wir von 2 Fahrzeugen überholt werden, gibt auch er Gas – der große Rann hat begonnen! Fahrzeug Nr. 1 ist schnell nicht mehr zu sehen. Wir folgen Fahrzeug  Nr. 2 – mit 120 km/h – und erreichen Düne 45 um 5.50 Uhr. Dort angekommen staunen wir nicht schlecht, als wir ein halbes Dutzend Autos vor der Düne auf dem Parkplatz stehen sehen. Wie ist das möglich? Ich erinnere mich gelesen zu haben, dass eine Lodge innerhalb des Gates lokalisiert ist. Diese haben wir gestern schon in der Ferne gesehen. Wie sich im Nachhinein herausstellt, ist sie mit Übernachtungspreisen von mindestens N$ 11000 pro Person und Nacht nicht gerade ein Schnäppchen…!

Mit unserer Foto- und Videoausrüstung in der Hand kann der Aufstieg beginnen. Die Düne zu bezwingen ist auch ohne Sonne eine echte Herausforderung. Schnell ermüden meine Muskeln und die Beine fangen an zu zittern. Nach dem ersten steilen Anstieg folgt eine längere Gerade, auf der wir beide etwas verschnaufen können. Schließlich kommt der zweite steile Anstieg. Schritt für Schritt kommen wir der Spitze näher. Der Wille, es bis zum Sonnenaufgang noch zu schaffen, lässt uns alle Kraft zusammen nehmen, diese 170 Meter hohe Düne zu bezwingen. Die letzten Meter sind eine Qual und ich schnaufe wie eine alte Dampflock. Endlich erreichen wir unser Ziel. Erschöpft lassen wir uns beide auf dem Dünenkamm nieder. Wir haben es rechtzeitig geschafft! Keine 3 Minuten später erhellen die ersten Sonnenstrahlen den Horizont. Wir erleben einen phantastischen Sonnenaufgang auf Düne 45! Das entschädigt uns beide für die Strapazen. Schon viele Sonnenaufgänge haben wir in Afrika bewundert, aber dieser hier ist ein absolutes Highlight! Wie das goldene Licht der Sonne langsam die Dünen erleuchtet und die Wüste erwacht – einfach toll!

 

Etwa eine Stunde nach Sonnenaufgang sehen wir, wie eine lange Auto- und Busschlage die Düne 45 erreicht. Manche halten an, andere fahren weiter in Richtung Sossusvlei. Das sind jetzt all diejenigen, die Außerhalb des äußeren Gates übernachtet haben. Dies öffnet nämlich erst bei Sonnenaufgang. Eine lange Menschenschlange macht sich bereit, die Düne 45 zu stürmen. Was für ein Ran! So sind wir froh, dass wir mit „nur“ etwa 30 weiteren Besuchern das morgendliche Erwachen auf der Düne genießen konnten. Wir laufen noch etwas auf dem Dünenkamm entlang, bevor wir den Abstieg beginnen. So quälerisch der Aufstieg doch war, so leicht ist der Abstieg. Immer wieder treten wir auf Seite, um für die neuen Dünenbesteiger Platz zu machen.

Am Parkplatz angekommen, quillt dieser fast über: Autos über Autos, Busse über Busse, Menschen über Menschen. Wir beschließen zum Camp zurückzufahren und am Spätnachmittag zurückzukommen. Eigentlich wollten wir hier frühstücken, doch dieser Massenansturm macht keinen Spaß!

Als wir Sesriem erreichen, steuert Marco zuerst die Tankstelle an. Doch leider ist kein Diesel mehr vorhanden. Der freundliche Tankwart schlägt vor, dass wir es an der Tankstelle außerhalb des Gates unser Glück versuchen sollen. Mit so etwas haben wir schon gerechnet. Zum Glück sind unsere Reservekanister mit je 20 Litern Diesel noch voll. Dennoch sind wir erleichtert, als wir wenig später unseren Tank mit Sprit aus einer Zapfsäule füllen können!

An unserem Stellplatz angekommen koche ich uns erst einmal Kaffee, während Marco das Frühstück zubereitet. Diese Stärkung haben wir uns heute Morgen wirklich verdient! Den restlichen Vormittag verbringen wir gemütlich im Schatten unseres Autos und beobachten das Treiben im Camp. Etwas verdutzt macht mich Marco auf einen anderen Camper aufmerksam. Mit einer großen Luftpumpe, ähnlich einer für Luftmatratzen, ist er die Reifen seines Leihwagens per Hand am Aufpumpen! Das gibt es doch nicht! Kurzer Hand schnappt sich Marco unseren Kompressor und geht zu ihm rüber. Der sichtlich angestrengte junge Kerl lehnt aber dankend mit der Begründung ab, er habe schon 2 aufgepumpt und damit die Hälfte geschafft.

Gegen Mittag gehen wir zum Restaurant. Wir möchten heute nicht wieder die Mittagshitze am Auto verbringen. Dort angekommen setzen wir uns an die Bar und bestellen uns eine kühle Cola und einen Burger. Hier ist es deutlich besser auszuhalten! Warum haben wir das nicht schon gestern gemacht?! So verbringen wir die Zeit bis 15 Uhr bei einigen Kaltgetränken, bevor wir gegen 15.30 Uhr in Richtung Sossusvlei starten.

Nur 50 Minuten später erreichen wir die Tiefsandstrecke, die Marco wieder ohne Probleme bewältigt. Am Parkplatz vom Dead Vlei treffen wir auf einen Parkangestellten. Von ihm erfahren wir, dass es momentan 45 Grad Celsius heiß ist! Wahnsinn! Trotz der gleißenden Hitze machen wir uns auf den 1,1 Kilometer langen Weg durch die Dünen zum Dead Vlei. Die Wanderung ist unter diesen Bedingungen doch sehr anstrengend. Nach einem 15-20 minütigem Fußmarsch erblicken wir von der Spitze einer Düne aus das Dead Vlei. Es handelt sich hierbei um einen ausgetrockneten See, die Erde ist gelblich und zahlreiche tote Bäume ragen empor. Hinter einem solchen finden wir ein Schattenplätzchen. Bei einem kühlen Wasser erholen wir uns von dem anstrengendem Marsch, genießen den Blick über das Vlei und auf die dahinter liegende höchste Sanddüne „Big Daddy“, die 380 Meter hoch ist. Einfach nur gigantisch! Etwa 45 Minuten verbringen wir hier, bis wir uns auf den Rückweg zum Auto machen. Dort angekommen beobachten wir noch eine ganze Zeit, wie die Sonne langsam sinkt und die Schatten länger werden.

Um 19 Uhr sind wir zurück im Camp. Schnell ist unser Lager aufgeschlagen und mit einem kühlen Bier stoßen wir auf einen tollen Tag an.

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